Die Ernüchterung bei teuren Bauvorhaben ist am Ende bei den Beteiligten oft gross. Viel Negatives lässt sich vermeiden, wenn bereits in der frühen Entwicklungsphase eine detaillierte Bedürfnisermittlung zusammen mit den Nutzern durchgeführt wird.

Laufend hört man leider von unzureichenden Leistungen bei wichtigen Bauvorhaben: Terminverschiebungen, substanzielle Kostenüberschreitungen, hohe Unterhalts- und Betriebskosten oder gar Räumlichkeiten, die den Bedürfnissen der Nutzer nur beschränkt gerecht werden, sind unliebsame Überraschungen. Was ist passiert? Die Erfahrung zeigt, dass die gravierendsten Fehler nur selten bei den Planern oder in der Ausführung entstehen. Vielmehr wird den steuernden und koordinierenden Massnahmen in der Startphase zu wenig Beachtung geschenkt, und die Methoden und Instrumente des Projektmanagements werden während der ganzen Planungs- und Ausführungsphase nicht konsequent genug angewandt.

Am Anfang zumeist Chaos und Unsicherheit

Der Start eines Bauvorhabens ist meistens chaotisch und von der Unsicherheit der Beteiligten geprägt. Viele Projekte verfügen in dieser Phase über keine klare Struktur noch über eine klare Organisation. Nicht selten hält, statt eine verantwortliche Stelle, ein ganzes Gremium die Fäden in der Hand. Dadurch können sich zusätzliche Abstimmungsschwierigkeiten ergeben.

Oft bestehen weder strikte Kostennoch Terminvorgaben, und übergeordnete Ziele und Vorgehensweisen werden nicht vereinbart. Anstatt zuerst die grundlegenden Rahmenbedingungen klar zu definieren, denkt man bereits zu sehr ins Detail und zieht zahlreiche Spezialisten mit eigenen Standpunkten bei. Denn die Auftraggeber wollen so schnell wie möglich konkrete Lösungsvorschläge für die Raumaufteilung oder das äussere Erscheinungsbild vorgelegt bekommen.

Bauherrschaft ist am stärksten gefordert

Genau hier liegen bereits die Risiken bei der Projektabwicklung, welche ein erhebliches Konfliktpotenzial beinhalten können. Damit ein Bauprojekt von Anfang an zielorientiert gesteuert werden kann, muss die Bauherrschaft die Federführung übernehmen und sich grundsätzliche Fragen stellen:

  • Wie sehen die Betriebsabläufe im Gebäude aus?
  • Wie kann man diese optimieren?
  • Braucht es dazu einen Neubau, oder genügt allenfalls eine umfangreiche Sanierung?
  • Wie können Umsatz und Ertrag durch eine optimale Raumnutzung verbessert werden?

Wichtig zu Beginn eines Projektes ist eine möglichst detaillierte Bedürfnisanalyse bei den Nutzern des Gebäudes: So gilt es, bei einem Neubau eines Spitals nicht nur den Anforderungen der Chirurgie, Maternität oder der Bettenstationen zu genügen, sondern auch denjenigen des Reinigungspersonals oder der Küche.

Dieser Teil des Projektmanagements ist eine zeitaufwendige Gedankenarbeit und mitunter ein fleissiges Zusammentragen von verschiedenen Erwartungen. Je nach Betrieb muss zuerst festgehalten werden, welche Instanzen die jeweiligen Bedürfnisse und Ziele formulieren. Bei sich widersprechenden Anforderungen muss eine Abwägung getroffen werden, wozu es nicht selten ein hohes Mass an Verhandlungsgeschick und Einfühlungsvermögen braucht. Daher sind beim Projektmanagement nicht nur fachlichmethodische Kenntnisse wichtig, sondern auch Führungseigenschaften und emotionale Fähigkeiten der Beteiligten.

Genaues Vorgehen spart einiges an Kosten

Daher lohnt es sich, möglichst frühzeitig – je nach Grösse des Projektes – eine externe Beratung beizuziehen, die ein breites Fachwissen aus ähnlichen Problemstellungen einbringt und die Vollständigkeit der Bedürfnisabklärung sicherstellt. Die Beraterperson muss die verschiedensten internen Diskussionen moderieren und methodisch vorgehen können sowie sattelfest im Umgang mit den Projektmanagement-Werkzeugen sein. Je umfassender und detaillierter dieser Vorgang intern mit den verschiedenen Benutzern abgestimmt wurde, desto ausgereifter und benutzerfreundlicher wird das fertige Projekt.

Wurde dagegen in der Bedürfnisermittlung von falschen Daten ausgegangen und zum Beispiel zu viel Geschossfläche eingeplant, kann diese Fehlplanung in der Regel erst wieder bei einer zu hohen Kostenschätzung festgestellt werden. Dann braucht es Mut und Geld, einen bereits gefällten Entscheid zu hinterfragen und zu revidieren, da möglicherweise mehrere Schritte der Planung wiederholt werden müssen. Das kann zu Terminverzögerungen und Demotivation bei den Projektbeteiligten führen.

Genaues Überwachen des Projektes unabdingbar

Ist diese Bedürfnisermittlung erstellt, muss sie planerisch umgesetzt werden. Dabei gilt es, die verschiedenen Bauetappen und deren Kosten zielgerichtet einzusetzen und geeignete Überwachungs- und Steuerungsinstrumente festzulegen. Für die Abwicklung eines Bauprojektes – sei es nun ein einfaches Einfamilienhaus oder ein komplexer Spitalbau – sollten die Informationsflüsse und Entscheidungsinstanzen so früh wie möglich zentralisiert werden, ohne dabei die direkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zu vernachlässigen.

Die Projektleitung der Bauherrschaft ist als Bindeglied zwischen dem eigentlichen Bauherrn (Investor), dem Gebäudenutzer und den beauftragten Planern für das Führen des Projektes verantwortlich. Sie muss die Projektorganisation unterhalten sowie die entsprechenden Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen der jeweiligen Stellen klar definieren. Die Projektleitung bestimmt die Abläufe, plant und überwacht die Leistung (Quantität/Qualität), Kosten und Termine. Je nach Projektstand müssen allenfalls Projektdokumentationen sowie Verträge angepasst sowie Projektrisiken evaluiert und beurteilt werden.

Das Projektmanagement soll nicht als Hemmschuh für die Kreativität bei der Lösungsfindung und Ausarbeitung des Projektes verstanden werden. Der frühzeitige Einsatz geeigneter Instrumente lenkt den Blick auf das Wesentliche und schafft innerhalb zuvor bestimmter Leitplanken den Raum für Innovation und hilft zugleich, teure Konzeptionsfehler zu vermeiden.

Jederzeit den Überblick bewahren

Die allgemein immer kürzere Planungszeit führt dazu, dass sich parallel zur weiterführenden Planung erste Teilprojekte oft bereits in der Ausführungsphase befinden. Daher muss der Projektleiter der Bauherrschaft mittels dem Projektmanagement jederzeit den Überblick haben, um rechtzeitig korrigierend einwirken zu können.

Zu Beginn falsch getroffene Entscheide können eventuell im Verlaufe des Projektes korrigiert werden. Mit zunehmendem Fortschritt des Projektes steht jedoch immer weniger Zeit und Spielraum für Anpassungen zur Verfügung – und es wird teurer. Merkt man zum Beispiel bei einem Büroneubau plötzlich, dass ein Raum zur Lagerung der Putzutensilien fehlt, kann dies in der Planungsphase leicht korrigiert werden. Ist das Mauerwerk jedoch gezogen, ist es aufwendiger, vielleicht schon unmöglich, den Putzraum anzuordnen.

Nicht selten werden die Projektanforderungen und Ziele während der Planung und Ausführung hinterfragt und bei Bedarf punktuell aktualisiert. Da das Gebäude für die Nutzer mit der Zeit immer konkreter vorstellbar wird, können zusätzliche oder andere Bedürfnisse hinzukommen, die meistens Mehraufwendungen verursachen. Aufgabe des Projektmanagements ist es nun, diese Änderungen systematisch zu erfassen, alle Auswirkungen abzuklären und beim Bauherrn die Genehmigung samt allfälliger Kreditsprechung einzuholen. Erst wenn eine schriftliche Bewilligung vorliegt, sollten auch die Änderungen ausgeführt werden, damit das Kostendach bei Bauabschluss eingehalten werden kann.

Die Praxis zeigt jedoch, dass in hektischen Zeiten Änderungen oft nur summarisch – wenn überhaupt – erfasst und die Kosten erst im Nachhinein genehmigt werden. So geht der Überblick verloren, welche Projektänderungen beim Bauherrn genehmigt wurden und welche Mehrkosten sich daraus am Schluss ergeben.

Die Zahl der Leerläufe minimiert

Für den Bauherrn lohnt sich der möglichst frühe Einsatz von Projektmanagement-Methoden und -Instrumenten in jedem Fall. Eine möglichst umfassende Bedürfnisabklärung in der Anfangsphase und eine konsequente Handhabung während der Ausführung garantieren, dass es zu weniger Leerläufen – und damit Mehrkosten – kommt. Früh einsetzendes Projektmanagement ist somit gut investiert und macht je nach Grösse und Komplexität des Projektes wenige Prozente der Gesamtinvestition aus.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die menschliche Komponente: Ein erfolgreicher Projektleiter hat das Gespür dafür, wie er mit der Eigendynamik des sozialen Systems einer Projektorganisation umgehen muss, wo er einschreiten muss und wie ein Team zu führen, begeistern und motivieren ist. Denn gut informierte und engagierte Projektmitarbeiter setzen sich mit viel mehr Elan für das Gelingen des ganzen Projektes ein.