Am Beispiel der Bauprojekte Sanierung und Erweiterung des Landesmuseum Zürich sowie der Erweiterung des Kunsthaus Zürich, zeigt sich der Stellenwert einer professionellen Nutzungs- und Betriebsvertretung als Erfolgsfaktor bei komplexen Bauprojekten. Die Bedürfnisse seitens Nutzung und Betrieb werden unter Führung der Projektleitung Nutzung / Betrieb analysiert, festgehalten und deren Erfüllung während Planung, Ausführung sowie Abnahme und Inbetriebnahme fortlaufend kontrolliert. So ist sichergestellt, dass das fertiggestellte Bauwerk den Anforderungen der Nutzenden und Betreibenden auch wirklich entspricht. Bei den vorgenannten Projekten hatte die Brandenberger+Ruosch AG die Projektleitung Nutzung/ Betrieb ab der SIA-Phase 31 (Vorprojekt) bis in die SIA-Phase 6 (Bewirtschaftung) inne und war somit zu einem erheblichen Anteil am Projekterfolg und erfolgreichen Betriebsstart mitverantwortlich.

Die Sanierung und Erweiterung des Landesmuseum Zürich und die Erweiterung des Kunsthaus Zürich zählen zu den anspruchsvollsten Bauprojekten, welche die beteiligten Bauherren, Nutzer und Betreiber (Museen, Stadt, Kanton und Bund) bisher verwirklicht haben. Die Museen mussten lange auf die ersehnten und erforderlichen Massnahmen warten. Entsprechend wurden von allen Seiten hohe Erwartungen und Anforderungen an die beiden Bauprojekte gestellt.

Die Freude der Nutzer war sehr gross als es dann endlich losging. Auch die beauftragten Architekten waren voller Tatendrang. Die Bauherrschaften der beiden Projekte wollten mit grossen Schritten die geplanten Massnahmen vorantreiben. Diesem Druck schnell zu starten, stand die Herausforderung gegenüber, die hohen Erwartungshaltungen und Anforderungen an die Projekte schriftlich festzuhalten. Den meisten Beteiligten auf Seite Bauherrschaft war damals bereits klar, dass eine strukturierte Zieldefinition erfolgsentscheidend sein würde. Daher wurde eine professionelle Projektleitung Nutzung / Betrieb gesucht, welche diese wichtige Rolle kompetent ausfüllen konnte. Für beide Projekte wurde der Brandenberger+Ruosch AG das Vertrauen geschenkt.

Die organisatorische Einbindung der Projektleitung Nutzung / Betrieb (PL-NB) ist von entscheidender Bedeutung. Die PL-NB, die PL-Bauherr und die PL-Bau müssen als wichtigste Schlüsselfunktionen in einem solch anspruchsvollen Projekt eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dabei sind die PL-NB und die PL-Bau der PL-Bauherr unterstellt, welche das Gesamtprojekt verantwortet und direkt der Bauherrschaft rapportiert. Die PL-NB rapportiert zusätzlich der verantwortlichen, vorgesetzten Stelle in der Stammorganisation (i. d. R. Direktion).

Grafik 1: Informationsfluss bei Bauprojekten

Die PL-NB vertritt einerseits die Nutzenden der Immobilie (bei unseren Beispielen die Direktion, die Kuratoren, die Konservatoren / Restauratoren etc.) und andererseits die Betreiber der Immobilie (bei unseren Beispielen das Facilitymanagement). Die PL-Bau vertritt die Planer und Unternehmer, welche für die Projektumsetzung beauftragt wurden. Die bereits erwähnte vertrauensvolle Zusammenarbeit der drei Schlüsselfunktionen ist absolut zentral für den Projekterfolg.

Die fünf wichtigsten Tätigkeitsfelder, welche eine professionelle Projektleitung Nutzung / Betrieb übernimmt, sind:

  • Bedürfnisanalyse und -formulierung
  • Controlling
  • Projektabschluss
  • Betriebsaufnahme
  • Organisation, Koordination und Administration

Allen Tätigkeitsfeldern liegt das gemeinsame Ziel zugrunde, dass die Nutzer- / Betreiberbedürfnisse während der gesamten Projektzeit eingebracht und vertreten werden. Diese werden nachfolgend detaillierter beschrieben. Die folgende Grafik zeigt die zeitliche Einordnung der Tätigkeitsfelder anhand der SIA-Phasen.

Grafik 2: Zeitliche Einordnung der Tätigkeitsfelder anhand der SIA-Phasen

Bedürfnisanalyse und -formulierung

Die Betriebsplanung bezüglich der Nutzungsanforderungen muss zwingend von den Nutzenden zu Beginn des Bauprojekts definiert werden. Auf Basis der Erkenntnisse der SIA-Phase 2, kann eine phasengerechte Präzisierung der Bedürfnisformulierung erforderlich werden. Dabei hilft eine strukturierte Erfassung in Form eines Betriebskonzepts (auch Nutzungskonzept genannt). Die Bedürfnisse und Anforderungen sind als erste zu erfassen und müssen auch nach einer langen Planungs- und Bauzeit (in unseren Beispielen ca. 15 - 20 Jahre) noch überprüfbar sein. Die Definition der Bedürfnisse und Anforderungen erfolgt in einer sehr frühen Projektphase, in welcher noch keine Projektpläne und Modelle existieren. Ein gut strukturiertes Betriebskonzept hilft daher, keine wesentlichen Anforderungen zu vergessen. Dies gilt insbesondere für komplexe Projekte mit umso höheren Erwartungshaltungen und Anforderungen der Beteiligten. Auch bei unseren Beispielen war die Bedürfnisformulierung sehr anspruchsvoll. Führende Museen wie das Landesmuseum Zürich oder das Kunsthaus Zürich haben nicht nur den sichtbaren Ausstellungs- und Sammlungsbetrieb. Im Hintergrund existieren viele weitere Funktionsbereiche (wie beispielsweise Besucherservice, Kunsthandling, Konservierung / Restaurierung, Ausstellungsauf und -abbau, Sicherheitsdienst etc.).

Aus dem Betriebskonzept werden die beiden Dokumente Raumprogramm und Projektpflichtenheft abgeleitet. Diese dienen den Planern als Planungsgrundlage und der Projektsteuerung als inhaltliches Führungsinstrument. Das Raumprogramm definiert die benötigten Raumtypen und deren Mengengerüst, wogegen das Projektpflichtenheft die detaillierten Projektanforderungen aus Sicht Bauherrschaft, Nutzer und Betreiber vorgibt. Im Laufe der Projektabwicklung ist ferner die Vorbereitung der Immobilienbewirtschaftung in Form eines Betriebsführungskonzeptes (auch Bewirtschaftungskonzept genannt) möglichst frühzeitig festzuhalten.

Controlling

Eine professionelle Projektleitung Nutzung / Betrieb stellt insbesondere die Kontrolle der Leistungsplanung und -umsetzung im Sinne der Nutzenden und Betreiber über alle SIA-Phasen sicher. Ferner unterstützt sie die Projektleitung Bauherr bei der übergeordneten Termin- und Kostenkontrolle. Speziell bei Museumsbauten ist es oft so, dass die Planenden über wenig bis kein spezifisches Know-how bezüglich Museumsbau verfügen. Daher ist ein durchgängiges Controlling über die wichtigsten museumsspezifischen Fachbereiche seitens Museumsbetrieb von besonders hohem Stellenwert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die definierten Anforderungen im Rahmen der Projektabwicklung missverstanden und nicht erfüllt werden.

Projektabschluss

Die Projektleitung Nutzung / Betrieb hat insbesondere auch die Aufgabe, eine geordnete Inbetriebnahme zu unterstützen und eine vorgängige Schulung der späteren Nutzer und Betreiber sicherzustellen. Damit wird gewährleistet, dass möglichst viel und vor allem relevantes Projekt-Know-how von den Planenden und Ausführenden an die Nutzenden und Betreibenden übergeht.

Die nachfolgende Grafik erläutert den Know-how Transfer unter der professionellen Führung einer Projektleitung Nutzung / Betrieb (grüne Linie) gegenüber dem drohenden Wissensverlust ohne eine professionelle Führung (rote Linie).

Grafik 3: Know-how Transfer unter der professionellen Führung einer Projektleitung Nutzung/Betrieb (grüne Linie) gegenüber dem drohenden Wissensverlust ohne eine professionelle Führung (rote Linie)

Im Weiteren prüft die Projektleitung Nutzung / Betrieb, ob die integralen Tests aus Sicht Nutzende und Betreibende in ihrem Umfang und Tiefe den gestellten Anforderungen gerecht werden. Der grosse Unterschied von Museumsbauten zu vielen anderen Projekten besteht darin, dass die Sicherheit (insbesondere der Wertschutz) vom ersten Betriebstag an zu 100 % sichergestellt sein muss. Dies bedeutet, dass jede Sicherheitskomponente (beispielsweise Türen) bereits vor Betriebsaufnahme integral in jedem möglichen Betriebszustand getestet werden muss. Dies bedingt in der Regel einen erheblichen Zeitaufwand aller Beteiligten. Ein weiteres betriebsrelevantes Thema ist die bedarfsgerechte und umfassende Objektdokumentation, welche im Idealfall ebenfalls vor Betriebsaufnahme zumindest zu relevanten Teilen vorliegt. Eine weitere wichtige Arbeit der Projektleitung Nutzung / Betrieb im Rahmen des Projektabschlusses ist das betriebsseitige Mängel- und Garantiemanagement für die Zeit der Verjährungsfrist.

Betriebsaufnahme

Je nach Gegebenheit sind diverse Betriebsbewilligungen bereits frühzeitig vor Betriebsaufnahme zu beantragen und einzuholen. Eine wichtige Voraussetzung für die Betriebsaufnahme ist eine vollständige Ausstattung (bspw. Möblierung) und Betriebseinrichtung. Dies wird durch Neubeschaffung und / oder Umzug sichergestellt. Beides kann organisatorisch und logistisch hoch komplex sein (z. B. Umzug von Kunstdepots, Bibliothek etc.). Daher erstellt die Projektleitung Nutzung / Betrieb frühzeitig ein Umzugskonzept, das alle Leistungen, Termine, Kosten, Beteiligten und die Verantwortlichkeiten (Arbeitspakete) definiert. Es ist sinnvoll, dass die Projektleitung Nutzung / Betrieb den Betriebsstart (going live) begleitet und die Stammorganisation bei der Umsetzung unterstützt. Denn die Projektleitung Nutzung / Betrieb kennt das Gebäude, die definierten Betriebsprozesse und die Mitarbeitenden von der langjährigen Projektarbeit her bereits sehr gut.

Die beiden Beispiele Landesmuseum Zürich und Kunsthaus Zürich sind mit der Betriebsaufnahme der beiden Neubauten heute technisch auf dem neuesten Stand – insbesondere bezüglich den Systemanforderung für Klima, Sanitär, Elektro, Sicherheit, Beleuchtung und Audio / Video.

Organisation, Koordination und Administration

Als fünftes Tätigkeitsfeld ist die Projektleitung Nutzung / Betrieb für die Organisation, Koordination und Administration der Projektbeteiligten auf Seite Nutzung und Betrieb verantwortlich. Damit ist die Projektleitung Nutzung / Betrieb zuständig für viele weitere Aufgaben, die bei der Erstellung eines Museums anfallen. Sie leitet und protokolliert die projektbezogenen Betriebssitzungen und stellt die Projektorganisation auf Seite Nutzer / Betreiber sicher. Alle vorgängig angesprochenen Themen werden durch die Projektleitung Nutzung / Betrieb in den definierten Bauherren- und Projektteamsitzungen sowie in diversen zusätzlich notwendigen Workshops vertreten. Auch die Leitung des planungs- und baubegleitenden Facility Managements (pbFM) kann bei Bedarf von der Projektleitung Nutzung / Betrieb übernommen werden. Zudem verantwortet sie das Reporting auf Seite Nutzer / Betreiber und die rechtzeitige Entscheidungsfindung sowie Sicherstellung von Genehmigungen auf Seite Nutzer / Betreiber. Die Projektleitung Nutzung / Betrieb gewährleistet den Informationsfluss zur Projektleitung Bauherr und zur Projektleitung Bau und unterstützt die Stammorganisation bei der internen und externen Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit. Gerade diese Tätigkeit war bei den Neubauten der beiden Museen mit ihrer nationalen und internationalen Strahlkraft eminent wichtig und umfasste Insbesondere Baustellenführungen für Bevölkerung, Donatoren, Presse und Politik.

Fazit

Die Erfahrung aus den beiden Projekten Landesmuseum Zürich und Kunsthaus Zürich zeigt deutlich, wie wichtig die Stelle der Projektleitung Nutzung / Betrieb für den Projekterfolg von komplexen Bauprojekten ist. Diese Funktion wird idealerweise bereits in der frühen Projektentwicklung etabliert und begleitet das Projekt bis in den Betrieb. Grundsätzlich kann ein Bauprojekt rein technisch auch ohne vorgegebenes Betriebskonzept und ohne professionelle Begleitung abgewickelt werden. Bei einer solchen Projektabwicklung ist aber nicht sichergestellt, dass die Anforderungen der Nutzenden und Betreibenden auch wirklich erfüllt sind. Bei komplexen Projekten kann dies nur durch eine professionelle Projektleitung Nutzung / Betrieb sichergestellt werden.