Bauen nach der 2000-Watt Gesellschaft

Seit Mitte 2017 ist das Merkblatt SIA 2040 – SIA-Effizienzpfad Energie wirksam. Darin wird gefordert, dass der gesamte schweizerische Gebäudepark auf ein nachhaltiges Fundament gestellt werden soll, um mit der Ressource Energie sinnvoll umzugehen. Das Merkblatt SIA 2040 orientiert sich an der 2000-Watt Gesellschaft, welche Energie- und Klima-Ziele vereint und vom Bundesrat im August 2019 als Ziel, einer klimaneutralen Schweiz bis ins Jahr 2050 formuliert worden ist. In der SIA 2040 werden die beiden Bereiche «graue Energie» und «Mobilität» auf die gleiche Stufe wie die Erstellung, der Umbau und die Sanierung von Gebäuden gestellt. Damit soll unter anderem sichergestellt werden, dass nicht nur der Bau, sondern auch der Gebäudebetrieb nachhaltig sind.

Eigentümer wird zum Stromlieferanten

Nach der Gesetzesrevision im Jahr 2018 wird mit dem ZEV (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) das Gebäude zum Strom-Grosskunden. Der Liegenschaftsbesitzer kann somit auf dem freien Strommarkt Energie beziehen und selbstständig wählen, bei welchem Stromlieferanten (Energiewerk) welches Stromprodukt bezogen werden soll. Dadurch profitieren die Nutzer der Liegenschaft von fairen Strompreisen und sind nicht den lokalen Energiemonopolisten ausgeliefert. Ein ZEV bedeutet, dass pro Immobilie oder pro Areal mit mehreren Immobilien, nur eine Stromerschliessung zum Kunden installiert wird. Der Stromlieferant hat damit einen Grosskunden welcher ihm den gesamten gelieferten Strom abnimmt. Der Grosskunde, meistens der Eigentümer der Immobilie oder des Areals, verkauft den vom Energiewerk gelieferten Strom anschliessend an die Mieterinnen und Mieter weiter. Somit wird der Eigentümer zum Stromlieferanten. Allein dadurch, dass die Eigentümer günstigeren, auf dem freien Strommarkt bezogene Energie beziehen, wird ein ZEV allerdings noch nicht attraktiv. Mit der zusätzlichen Stromproduktion z. B. durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage), kann der Eigentümer zusätzlich grünen Strom produzieren und mit dem Verkauf seine Rendite steigern.

Eigentümer wird zum Stromproduzenten

Mit einem ZEV hat der Eigentümer ein Werkzeug zur Hand, mit welchem er den Strom an die Nutzer verkaufen kann. Um den Anteil an grünem und nachhaltigem Strom zu steigern, kann der Eigentümer die PV-Anlagen optimieren und dadurch die, z. B. von Minergie geforderten Energiemenge, zusätzlich erhöhen. Der durch die PV-Anlagen selbst produzierte Strom kann ebenfalls an die Mieterinnen und Mieter verkauft werden. Dies war vor 2018 noch nicht möglich, da die lokalen Stromlieferanten noch das Strommonopol besassen. Die überschüssige, selbst produzierte Energie aus der PV-Anlagen, kann beim Energiewerk eingespeist werden und wird dem Grosskunden gutgeschrieben.

Contractor-Modell

Möchte der Eigentümer nicht selbst als Stromlieferant oder Stromproduzent auftreten, kann er dafür auch einen Contractor beauftragen. Dieser tritt als Zwischenhändler zwischen Energiewerk und Nutzer auf. In der Praxis existieren unterschiedliche Contractor-Modelle. In einem Betreibermodell ist der Contractor nur für den effektiven Betrieb der PV-Anlage und die Stromabrechnung zuständig. Die gesamten Bauten und Installationen verbleiben im Besitz der Eigentümerschaft. In einem Beteiligungsmodell finanziert der Contractor die gesamte PV-Anlage sowie die weiteren Installationen und ist für Amortisation und Unterhalt selbst verantwortlich.
 

Für die Evaluation eines geeigneten Contractors sowie eines Energiewerks auf dem freien Strommarkt, empfiehlt sich eine professionell durchgeführte Ausschreibung. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die eingegangenen Angebote auch wirklich vergleichbar sind und somit das effektiv «vorteilhafteste Angebot» ermittelt wird. Als Contractor kommen grundsätzlich auch kleinere Anbieter oder Vereine in Frage, welche teilweise bereits seit Jahrzenten erfolgreich PV-Anlagen in der ganzen Schweiz installieren und betreiben.
 

Für den erfolgreichen Betrieb einer PV-Anlage ist es wichtig, dass der lokal produzierte Strom direkt im ZEV genutzt und verkauft werden kann. Da Sonnenenergie am Tag anfällt, wenn die Mieterinnen und Mieter meist nicht zuhause sind, ist es wichtig, dass der Solarstrom im Allgemeinbereich oder der Haustechnik verwendet werden kann. Alternativ dazu, kann die zu viel produzierte Energie, in eigens dafür installierten Batteriespeichern zwischengelagert werden, um diese Energie bei höherem Strombedarf wieder zur Verfügung zu stellen.

Elektromobilität

In Ergänzung zu einer zentralen Batterielösung kann die produzierte Sonnenenergie auch zur Ladung von Elektrofahrzeugen genutzt werden. Diese Energie steht dann direkt der CO2-neutralen Mobilität zur Verfügung oder wird durch ein intelligentes Gebäudemanagementsystem den Bewohnerinnen und Bewohner nach Bedarf zur Verfügung gestellt. 

Die Mieterinnen und Mieter profitieren

Die Erstellung eines ZEV ist eine nachhaltige Investition, die eigentlich auch für Mietinteressenten interessant ist. Durch attraktive Strompreise sinken die Gesamtwohnkosten. Allerdings ist dieser Vorteil im Rahmen der heutigen Miet-Verrechnungsmodelle nur schwer vermittelbar. Die Stromkosten werden von den Energiewerken üblicherweise direkt den Mieterinnen und Mietern belastet. Den Mietinteressenten transparent aufzuzeigen, dass auch sie bei einem ZEV Geld sparen, ist daher eine grosse Herausforderung für die Vermarktung und Vermietung. Bei ZEV-Modellen verrechnen neu die Eigentümer oder der Contractor die Stromkosten. Dafür ist im Mietvertrag eine spezielle Regelung vorzusehen, welche von den entsprechenden Mieterinnen und Mietern akzeptiert werden muss. Der günstigere, selbstproduzierte Solarstrom wird sinnvollerweise über einen prozentualen Verteilschlüssel unter den Verbrauchern aufgeteilt. Damit kommen alle Verbraucher anteilmässig in den Genuss des attraktiven Solarstroms. Über eine entsprechende App können die Bewohnerinnen und Bewohner, die von der PV-Anlage produzierte Energie in Echtzeit einsehen und ihren persönlichen Energieverbrauch im Median mit der gesamten Überbauung vergleichen. Dies führt im Idealfall zu einem kleinen Wettbewerb der Verbraucher, jeden Monat mit seinem eigenen Stromverbrauch unter dem Median zu liegen.

Die Gründung eines ZEV und den Verkauf des Stroms an die Mieterinnen und Mieter lohnt sich auch ökologisch, da der Eigentümer damit ein grosses Interesse verfolgt, möglichst viel Strom durch die PV-Anlage selbst zu produzieren. Die Realisierung eines ZEV’s und den Entscheid, für oder gegen einen externen Contractor muss aber frühzeitig im Projekt aufgegleist werden. Bei der dafür erforderlichen Ausschreibung und der Suche nach einem geeigneten Anbieter als Contractor oder Stromlieferanten, kann die Brandenberger+Ruosch AG mit ihren entsprechenden Erfahrungen die Eigentümer zielgerichtet unterstützen.