Immobilienentwicklungen sind komplexe und häufig langfristige Vorhaben, die von einer Vielzahl interner und externer Faktoren beeinflusst werden. Sie unterliegen dynamischen Markt- und Bedarfsveränderungen. In Einzelvorhaben beschränkt sich die Entwicklung in der Regel auf die frühen Phasen, bei einem komplexen Vorhaben mit verschiedenen Teilprojekten und Phasen ist die Entwicklung fortlaufend und passt sich gegebenenfalls an. Diese Unsicherheiten und Veränderbarkeit wirken sich direkt auf die Anforderungen an das Projektmanagement aus: Welche Organisation passt am besten, welcher Ablauf ist zielführend, welche strategischen Rahmenbedingungen gelten im Projektablauf? Und wann müssen welche Stakeholder eingebunden werden? Zwei Praxisbeispiele zeigen auf, wie sich Immobilienentwicklungen durch gezielte und dynamische Steuerung erfolgreich umsetzen lassen.
Konsequente Ausrichtung am Kunden
Beim Beispiel eines Neubaus für ein international tätiges Technologieunternehmen infolge erfolgreichen Wachstums musste zunächst der konkrete Bedarf der verschiedenen Anspruchsgruppen und ein belastbares Kostenziel definiert werden. Seitens der Auftraggeberschaft bestanden erste Nutzungsvorstellungen, die im Rahmen einer Machbarkeitsstudie verifiziert worden sind. Auf dieser Grundlage erfolgten Bedarfsanalyse, Nutzungskonzept und Projektdefinition als notwendige Basis für die spätere Bestellung.
Ziel war es, das Projekt innerhalb von nur drei Monaten zur Baugesuchreife zu bringen. Aufgrund dieses engen Zeitrahmens war nur ein auf die Bedürfnisse der Stammorganisation abgestimmter Sitzungsrhythmus möglich. Wegen der noch offenen Zielparameter mussten der Weg zudem Schritt für Schritt definiert und die Erwartungen der Bauherrschaft kontinuierlich abgeglichen werden. Deswegen wurde ein iterativer und flexibler Prozess etabliert: In kurzen Besprechungszyklen (in Anlehnung an die Arbeitsweise agiler Projektmanagement-Methoden) arbeiteten alle Schlüsselakteure (Bauherrschaft, Nutzer, Betrieb und Planer) eng zusammen. Planungsthemen wurden direkt in den jeweils aktuellen Dokumenten diskutiert und entschieden – unterstützt durch eine laufende Beschlussliste. Das gesamte Planungsteam organisierte sich in Sprints, überprüfte gewerkeübergreifend die Lösungen und entwickelte diese iterativ weiter. Alle arbeiteten parallel an den Kerndokumenten. Dieses Vorgehen ersparte nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern stellte auch eine hohe inhaltliche Kohärenz sicher. Das Ergebnis richtete sich direkt an den Bedürfnissen des Kunden aus.
Die Rolle des Projektmanagements bestand darin, diesen dynamischen Prozess innerhalb definierter strategischer Rahmenbedingungen zu steuern. Ziel war es, innert kürzester Zeit eine klare Zieldefinition zu erarbeiten, alle Beteiligten zu moderieren und die Interessen der Bauherrschaft abzusichern. Das erforderte Offenheit für Zwischenlösungen und Mut zur Lücke, ein Denken in Szenarien und Flexibilität in Prozessen und Methodik.
Kontinuierliche Anpassung dank flexiblen Prozessen
Das zweite Beispiel zeigt die umfassende Transformation eines Bestandsgebäudes in ein marktfähiges Multi-Tenant-Objekt nach dem Auszug des Langzeitmieters. Ziel war die Neupositionierung und -vermietung einer Fläche von rund 42’500 Quadratmetern auf Grundlage eines marktfähigen und flexiblen Nutzungskonzepts. Die Immobilienentwicklung startete mit fundierten Markt- und Standortanalysen sowie einer detaillierten Zustandsbewertung des Gebäudes. Diese Analysen bildeten die Grundlage für die Planung aller baulichen, technischen und betrieblichen Massnahmen – und ermöglichten so ein proaktives Risikomanagement.
Das Projekt wurde bewusst in Teilprojekte gegliedert und etappiert, um auf veränderte Marktbedingungen flexibel reagieren zu können. Diese Struktur erlaubte gezielte Nutzungsanpassungen, reduzierte Investitionsrisiken und schuf Spielraum für eine flexible Mieterakquisition. Besonders in der Pandemie zeigte sich der Nutzen der Planung in Szenarien: Sanierungsvarianten und Nutzungskonzepte wurden im Vorfeld durchgespielt, mit den Beteiligten iterativ evaluiert und mit der Auftraggeberschaft regelmässig abgestimmt, um bei Bedarf schnell handlungsfähig zu bleiben.
Von Beginn weg wurde ein breites Stakeholdermanagement implementiert. Bereits in der Analysephase wurden Hinweise der Standortförderung sowie öffentliche Interessen einbezogen. Die Stadt wiederum berücksichtigte die Eigentümerstrategie bei der Anpassung ihrer Planungsinstrumente. Diese wechselseitige Abstimmung ermöglichte nicht nur schlanke Genehmigungsverfahren, sondern auch eine breit abgestützte Projektverankerung – etwa durch frühzeitige Behördenbeteiligung, konsequenter Mietereinbezug und parallele Abstimmungen mit dem Facility Management zur betrieblichen Umsetzbarkeit. Regelmässige Workshops mit dem Ausschuss, Mietinteressenten und Planerteam stärkten die Nähe zum Projekt, bauten Vertrauen auf und förderten die Motivation aller Beteiligten.
Das durchgängige Antizipieren relevanter Prozesse und Stakeholder – von Genehmigungen über Bauabläufe bis hin zum späteren Betrieb – war entscheidend für den Projekterfolg. Durch die frühzeitige Identifikation des kritischen Pfades konnten Anpassungen gezielt integriert, Verzögerungen und Risiken minimiert und die Effizienz und Effektivität des Projektablaufs erhöht werden.
Maximierter Nutzen für die Auftraggeberschaft
Die dargestellten Praxisbeispiele zeigen, dass der Einfluss des Projektmanagements bei Immobilienentwicklungen bezüglich Organisation, Methodik und Instrumente auf folgenden Faktoren liegt:
- Breit abgestützte Bestandes-, Bedarfs-, Markt-, Standort-Analysen als Basis für ein proaktives, fortlaufendes Risikomanagement unterstützt die Risikominimierung
- Eindeutige Rahmenbedingungen und Zielsetzungen basierend auf strategischen Grundlagen erlauben klare Spielregeln und gemeinsame Zielvorstellungen für alle Beteiligte
- Aktives Stakeholdermanagement mit transparenter Kommunikation stellt das Vorhaben auf eine breite Basis und erhöht den Projekterfolg
- Aufsplittung des Vorhabens in Teilprojekte und Etappierung erzeugt mehr Spielraum und Anpassungsfähigkeit und hilft das Investment-Risiko zu glätten
- Denken und Planen in Szenarien ermöglicht schnelles und flexibles Reagieren und gewährleistet jederzeit Anpassungen an Bedarf- und Marktveränderungen
- Regelmässige, iterative Überprüfungen der Entwicklung inkl. Wirtschaftlichkeitsberechnung verhindern unnötige Planungen am Ziel vorbei
- Regelmässige Workshops der Auftraggeberschaft mit den wichtigsten Akteuren produziert Projektnähe, Vertrauen und Freude aller Beteiligten
- Antizipierung der beeinflussbaren Prozesse macht mögliche Wege erkennbar und erlaubt ein Agieren anstelle Reagierens
- Gemeinsames und gleichzeitiges Arbeiten an den Ziel-Dokumenten wie Nutzungskonzept, Lastenheft und Pflichtenheft setzt den Fokus auf die wesentlichen Tätigkeiten, spart Zeit und Ressourcen und vereinfacht das Dokumentenmanagement
Die langjährige Erfahrung von Brandenberger+Ruosch zeigt: Immobilienentwicklungen erfordern ein spezifisches Projektmanagement, das auf fundierten Analysen, flexibler Strukturen, Methodik und Planung sowie enger Abstimmung mit allen Beteiligten basiert - von der Initialisierung über den gesamten Projektablauf bis und mit Bewirtschaftung. Der Fokus auf frühzeitiger Risikoidentifikation, vorausschauende Planung und transparente Kommunikation sichert nicht nur die Effizienz, sondern auch die nachhaltige Realisierbarkeit anspruchsvoller Projekte.