Ein Organigramm zeigt den hierarchischen Aufbau einer Stammorganisation auf, aber nicht wie diese wirklich funktioniert. Erst die klare Definition von Rollen und Aufgaben schafft Transparenz in der Organisation, legt eindeutig Schnittstellen fest und ermöglicht ein wirkungsvolles Controlling mit Entscheidungsfindung an den jeweils zuständigen Stellen.

 

Organisationen werden zumeist über Organigramme dargestellt, die jedoch nur die formale Hierarchie widerspiegeln. Die tatsächlichen Aufgabenverteilungen und Verantwortlichkeiten bleiben dabei oftmals unklar, was zu Missverständnissen und ineffizienten Prozessen führen kann. Rollen innerhalb einer Organisation sind meist informell und kontextabhängig, aber entscheidend für eine funktionierende Zusammenarbeit. Fehlendes Rollenverständnis kann zu Konflikten über Zuständigkeiten und Steuerungsmöglichkeiten führen. Eine strukturierte Rollenklärung schafft Transparenz, optimiert Prozesse und stärkt die Organisation nachhaltig.

 

Rollen ergänzen Organigramme

Organisationen bestehen aus Strukturen und Prozessen, die sie sich gegenseitig bedingen und aufeinander aufbauen. In der Praxis wird die Hierarchie der verschiedenen Stellen (z.B. Abteilungsleitung, Sachbearbeitung) im Organigramm dargestellt. Die entsprechenden Aufgaben sind in der Regel in Stellenbeschrieben und – im besten Fall – die Beziehungen und Abläufe in einem Prozessbeschrieb festgehalten. Rollen sind im Organigramm hingegen nicht ersichtlich. Sie sind aber als informelle Erwartungshaltungen an organisatorische Einheiten relevant. Oder anders gesagt: Das Rollenverständnis hilft bei der sinnvollen Zuteilung der Aufgaben zu den Stellen. Rollen sind dabei immer situations- und kontextabhängig

 

Typische Rollen im Immobilienkontext

In Immobilien-Unternehmen und -Verwaltungen haben sich nachfolgende Rollen etabliert, welche in grösseren Organisationen häufig weiter spezifiziert und detailliert werden:


Rolle: Eigentümerschaft

Erwartung:

  • besitzt die Liegenschaften und Anlagen

Rolle: Bewirtschaftung

Erwartung:

  • verwaltet die eigen- und fremdgenutzten Liegenschaften und Anlagen
  • organisiert deren Nutzung und Unterhalt
  • unterhält die Liegenschaften.
  • können verschiedene Betreiber / Dritte sein

Bemerkungen:

  • Wird häufig unterteilt in kaufmännisches, technisches und infrastrukturelles Gebäudemanagement
  • Bewirtschaftung = Gesamtverantwortung und Koordination von Betrieb, Instandhaltung, Verwaltung, Dienste
  • Betrieb = Technische Betreuung Bauwerk

Rolle: Bauherrschaft

Erwartung:

  • leitet Projekte in der Projektorganisation
  • meist Instandstellungen oder Neubauten
  • vertritt Interessen der Eigentümerschaft

Bemerkungen:

  • Projektmanagement

Rolle: Nutzende

Erwartung:

  • verwaltungsinterne oder externe Mieter der Liegenschaften
  • mit / ohne Entschädigung an Eigentümerschaft / FM

Bemerkungen

  • In Verwaltungen sind die Bestellenden häufig separiert.
  • Sie vertreten mit ihrem spezifischen Bauwissen die Nutzenden, unterbreiten der Eigentümerschaft / Bauherrschaft Bestellung

 

Im erweiterten Umfeld von Immobilien sind Akteure aus Politik, Finanzen, Administration, Rechtsvertretung etc. beteiligt, welche aber nur indirekt Einfluss nehmen.

Im Kontext des Immobilien-Objektes sind die aufgeführten Rollen eng mit den Aufgaben verknüpft. Damit die Aufgaben effizient und erfolgreich erbracht werden können, müssen sie mit den entsprechenden Kompetenzen und Verantwortlichkeiten einhergehen. Diese Kongruenz sollte in der Aufbau- und Ablauforganisation formell festgehalten sein. Ist dies nicht der Fall, entstehen bei der alltäglichen Arbeit Konflikte um personelle und finanzielle Zuständigkeiten. Selbst wenn ein formeller Beschrieb existiert, ist noch nicht gesichert, dass dieser auch gelebt wird. Informelle Abweichungen können mittelfristig ein Problem werden und langfristig zu Verwerfungen in oder zwischen Organisationen führen. Die Klärung der Rollen hilft beim Auflösen der Differenzen, indem sie Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten definiert und den Stellen sinnvoll zuweist. Als Beispiel: Ein Werkdienst einer Gemeinde ist organisatorisch bei der Abteilung Tiefbau angesiedelt und wird über deren Kostenstelle budgetiert. Im Kontext der Liegenschaften der Gemeinde hat sie die Rolle des infrastrukturellen FM inne und erbringt dadurch in der Praxis Leistungen für die Eigentümervertretung der Abteilung Liegenschaften (Hochbau). Finanziell könnten die Leistungen zwar intern verrechnet werden, Voraussetzung dafür ist aber wieder das entsprechende Rollenverständnis. Diese Verknüpfungen und Abhängigkeiten bestehen in der Praxis oft. Sie werden aber selten bewusst wahrgenommen und korrekt in Prozessen, Schnittstellenlisten, Service Level Agreements festgehalten. Daraus entsteht häufig Konfliktpotential. 

 

Rollenverständnis als Basis der Konfliktlösung

Im Rahmen der Erarbeitung einer Immobilienstrategie für eine Eigentümervertretung der öffentlichen Hand wurden Unklarheiten in der Zusammenarbeit mit demjenigen Departement festgestellt, welches üblicherweise die Bauherrenvertretung für die eigentlichen Eigentümer-Departemente wahrnimmt. Der kostenrelevante Investitionsplan wurde jeweils vom Eigentümer-Departement erarbeitet und verantwortet. Das Kostenmanagement und -controlling ging in der Praxis aber bereits in den Vorphasen stillschweigend in die Hoheit der Bauherrenvertretung über. In der Folge besass das Eigentümerdepartement keine Kenntnisse zu Kostenkennzahlen aus den vergangenen Projekten, konnte keine klaren Kostenziele definieren und entsprechend auch kein eigenes Kostencontrolling betreiben. Zudem wurden die Unterhalts- und Instandsetzungsdaten der Liegenschaften nur zentral bei der Bauherrenvertretung verwaltet. Dadurch konnten Portfolioanalysen und -übersichten nur gemeinsam mit der Bauherrenvertretung erstellt werden. Das Beispiel verdeutlicht die nicht zu unterschätzende Problematik, wenn eine Stelle sich ihrer eigenen Rolle nicht bewusst ist. Gerade eine Eigentümervertretung mit einem systemrelevanten Portfolio muss in der Lage sein, dieses selbstständig zu analysieren, auszuwerten, zu steuern und daraus qualifizierte Entscheide bezüglich Budgetierung und Investitionen abzuleiten.

In weiteres Beispiel betrifft einen langandauernden Konflikt zwischen der Schulverwaltung als eigenständiger Organisationseinheit und Gebäudenutzerin sowie der Bauverwaltung einer Gemeinde in der Rolle der Eigentümervertretung und zuständig für Bewirtschaftung und Betrieb. In der Praxis entsteht die engste Schnittstelle zwischen Schule und Bauverwaltung im Bereich Gebäudebetrieb, welcher zwar von beiden Seiten beansprucht wird, jedoch ausschliesslich das Budget der Bauverwaltung belastet. Diese Aufteilung ist grundsätzlich möglich, setzt aber eine klar definierte und bislang fehlende Schnittstellenklärung voraus. In einem ersten Verbesserungsschritt wurden deshalb die Rollen der Bau- und Schulverwaltung präzisiert und erforderliche Grundlagendokumente wie z.B. ein Service Level Agreement erstellt. Dank der externen temporären Unterstützung in der Gemeinde erfolgte zudem ein direkter Austausch mit allen Beteiligten und konnte insbesondere die Rolle des Gebäudebetriebs gestärkt und begleitet werden.

 

Rollendefinition für die Ressourcenklärung

In einem Familien-Unternehmen waren sämtliche Rollen zwar bereits gelebte Praxis, jedoch noch nicht eindeutig definiert. Das Mandatsziel bestand hier unter anderem darin, die Rollen sowohl in der Stammorganisation als auch in einer geplanten, umfangreichen Projektorganisation zu definieren und zu quantifizieren. Dadurch sollte die Anzahl fehlender Ressourcen ermittelt werden und welche Stellen noch rekrutiert werden müssen. Als Grundlage dienten vorhandene Stellenbeschriebe sowie eine von Brandenberger+Ruosch erarbeitete Prozesslandkarte, welche die Abläufe des Prozess-Leistungsmodells ProLeMo für Bewirtschaftung und Betrieb integrierte und um unternehmensspezifische Prozesse (insbesondere im Projektmanagement) erweiterte. Auf dieser Basis wurden kundenspezifische, eindeutige und vollständige Rollenprofile geschaffen, die zusammen mit Erfahrungswerten und in Abstimmung mit der Auftraggeberschaft zur Bestimmung des Ressourcenbedarfs herangezogen und in einer Übersicht dokumentiert wurden. Die fehlenden Ressourcen wurden durch den Vergleich von Ist- und Soll-Werten ermittelt. Dank der eindeutigen Zuweisung der Mitarbeitenden zu ihren jeweiligen Rollen und Aufgaben konnte der notwendige personelle Zuwachs (mehr als einer Verdoppelung der bisherigen Unternehmensgrösse) gegenüber den Kontrollinstanzen fundiert und nachvollziehbar dargelegt werden. 

Wie die Beispiele zeigen, kann ein Organigramm die organisatorische Struktur einer Verwaltung oder eines Unternehmens nicht vollständig erfassen. Oftmals führt es sogar zu Missverständnissen und Unklarheiten, denn die hierarchische Darstellung bildet die Stellen lediglich an einem einzigen Ort ab. In Wirklichkeit sind in einer Stelle jedoch häufig verschiedene Aufgabenbereiche vermischt. Audits mit den Beteiligten haben in mehreren Mandaten geholfen, die vielfältigen Aufgaben einer Stelle zu benennen und sie konkret den jeweiligen Aufgabenbereichen und Rollen zuzuordnen. In einem Fall wurde deutlich, dass eine Person die Hälfte ihrer Arbeitszeit für Aufgaben aufwendete, welche eigentlich von einer anderen Abteilung übernommen werden sollten – beiden Abteilungen war dies gar nicht bewusst. Erst mit der eindeutigen Zuordnung konnte den Personalverantwortlichen der Ressourcenbedarf plausibel begründet werden. In der Praxis kommt es natürlich auch vor, dass sich Aufgaben mehrerer Beteiligten überschneiden. In solchen Fällen sind die Zuständigkeiten anhand einer Schnittstellenliste zu klären und festzuhalten.
 

Nutzen für die Organisation

Die meisten organisatorischen Konflikte lassen sich grundsätzlich auf die oben aufgezeigten Themen zurückführen, auch wenn sie nicht immer eindeutig erkennbar sind. Dies erschwert den Beteiligten sowohl die Identifikation als auch die Lösung entsprechender Problemstellungen, weshalb eine externe, spezialisierte Unterstützung wie durch Brandenberger+Ruosch sinnvoll ist. Mit der Entwicklung eines klaren Rollenverständnisses und der Definition sowie Zuweisung der relevanten Aufgaben profitiert eine Organisation in vielfältiger Weise:

  • Fällen von objektiven Entscheiden auf der Grundlage von definierten Abläufen
  • Den Aufbau eines optimierten Controllings ermöglichen
  • Klären von Verantwortlichkeiten und Aufgaben und damit Vermeiden diesbezüglich wiederkehrender Diskussionen
  • Aufheben überlagerter Aufgaben-Bearbeitung und Doppelung bzw. Vermeiden von gegenseitiger Aufgaben-Zuweisung
  • Zuweisung von Aufwänden an eindeutige Kostenstellen
  • Entscheidungsgrundlage für make or buy
  • Transparente Ressourcenkalkulation und -management
  • Grundlagenbasierte, prozessverknüpfte Stellenprofile
  • Rollenstärkung der Mitarbeitenden und damit Förderung der Motivation